Vortrag: Staatsversagen als Rechtskonzept – eine verfassungsvergleichende Perspektive

Prof. Dr. Michaela Hailbronner, Universität Gießen (D)

Datum: 18.11.2022, 12:30-14:00
Ort: Raum 305, 3. Stock | Sigmund Freud PrivatUniversität | Freudplatz 3, 1020 Wien

 

Das – reale oder scheinbare – Versagen staatlicher Institutionen führt oft dazu, dass andere Institutionen in Überschreitung ihrer gewöhnlichen Kompetenzen eingreifen, um Probleme zu beheben. Dies zeigt sich im nationalen wie internationalen Bereich und in unterschiedlichen institutionellen Kontexten, von der Uniting for Peace Resolution der UN-Generalversammlung zur sog. structural reform litigation. Dennoch wird Staatsversagen bzw. institutional failure und die damit verbundene Eingriffsrechtfertigung oft nicht als rechtliches Argument verstanden, sondern als Fall einer Ausübung von “implied powers” oder von Notstandskompetenzen. Dies ist jedoch abzulehnen, da – bei allen Risiken politischer Instrumentalisierung – Staatsversagen als Argument zur Kompetenzausdehnung durchaus legitim sein kann, wenn auch nur in engen Grenzen und unter bestimmten Voraussetzungen.

 

Anmeldung bis 17.11.22: konrad.lachmayer@jus.sfu.ac.at

Biografie

Michaela Hailbronner trat zum 1. April 2019 die Qualifikationsprofessur Öffentliches Recht und Menschenrechte an der Justus-Liebig-Universität Gießen an. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Menschenrechte, des vergleichenden öffentlichen Rechts und der Verfassungstheorie. Michaela Hailbronner legte ihr Erstes Staatsexamen an der Universität Freiburg 2007 und ihr Zweites Staatsexamen am Kammergericht Berlin 2009 ab. Ihren Master (LL.M.) erwarb sie an der Yale Law School, wo sie auch bei Prof. Bruce Ackerman mit einer Arbeit zum Bundesverfassungsgericht aus rechtsvergleichender Perspektive promovierte, die 2015 bei Oxford University Press erschien. Weitere Publikationen im Bereich des deutschen öffentlichen Rechts, der Rechtsvergleichung und der Menschenrechte erschienen u.a. in den Zeitschriften Der Staat, International Journal of Constitutional Law, American Journal of Comparative Law und im University of Toronto Law Journal.